13.1.2021

Auf der Straße, in der Schule und im Netz: Mehr Anstand, bitte!

In fünf Schritten zu einem besseren digitalen Miteinander.

Homeschooling-Stress, Social Media-Hype, Cybermobbing-Gefahr: Die Zahl der Themen und auch Sorgen, die mit der fortschreitenden Digitalisierung einhergehen, wächst und wächst. Nahezu jeden Tag scheint es ein neues Gerät oder eine neue Anwendung zu geben. Da ist es zum einen ungemein schwierig, den Überblick zu behalten. Zum anderen frage ich mich aber auch: Beschäftigen wir uns nicht viel zu sehr nur mit der Technik, also mit der sogenannten Hardware? Wo bleibt in allen Diskussionen um den Breitbandausbau oder eine bessere Ausstattung für Schüler und Lehrer – so wichtig dies auch ist – eigentlich das Thema Medienerziehung und -bildung? Es reicht eben  nicht nur zu wissen, was die neuen Tools alles können. Stattdessen müssen dringend Benimm-Regeln, Stichwort Netiquette, her, die sich wie ein roter Faden durch die Beschäftigung mit allen neuen Lösungen und mehr ziehen. Denn was Kindern und Jugendlichen, aber auch Eltern und Pädagogen, mit der zunehmenden Digitalisierung fehlt, sind Handlungsempfehlungen für anständigen, sicheren und guten Umgang. Welchen Wert haben die schönsten Kommunikationstools, wenn Anstand und Respekt auf der Strecke bleiben?


Ich möchte in diesem Blog die Gelegenheit nutzen, um wichtige digitale Regeln in Netz und Co. einmal zu skizzieren und so vielleicht ein wenig Orientierung zu bieten - eine Art digitaler Knigge also. Kommunikation, Interaktion und soziales Miteinander unterliegen Regeln – egal ob im WhatsApp-Chat, bei Instagram oder im Schulnetzwerk. Auf die folgenden fünf Schritte kommt es bei dieser gemeinsamen Reise zu mehr Anstand im Netz an. Die Liste ist sicherlich erweiterbar, aber sie ist, wie ich finde, ein guter Anfang:


1. Gutes Benehmen fängt bei uns an

Wir können und dürfen unsere Kinder nicht maßregeln, wenn wir selbst nicht bereit sind, unser Verhalten zu hinterfragen. Muss das Handy am Esstisch quasi immer neben Messer und Gabel liegen?  Nein! Muss das Telefon nachts immer neben uns liegen und “on” sein? Auch nicht, oder? Wie wär’s denn stattdessen mit einer Unterhaltung? Was ich sagen will: Fragen wir uns zunächst einmal selbst, wann und wie wir digitale Medien nutzen, und entwickeln wir dann Regeln, wann und wo sie vielleicht einmal zur Seite gelegt werden können. Etwa: Kein Handy beim Abendessen! Es ist schwer von seinen Kindern zu verlangen, dass sie doch endlich einmal das Handy weglegen sollen, wenn wir selbst ständig dran sind. Wir müssen Vorbilder sein, selber aufzeigen können, dass wir eine gesunde Mischung aus Online- und Offline- Aktivitäten leben können und wollen.  Das Handy ruhig einmal zu Hause zu lassen, auch um unseren Kindern zu zeigen, dass sie unsere ganze Aufmerksamkeit und unser Interesse haben. 


2. Was gebe ich von mir preis?

Datenschutz, Wahrung der Privatsphäre und mehr sind natürlich ebenfalls wichtige Themen. Ich rate daher: Nur das posten und mitteilen, was ich bereit wäre einem Fremden in der U-Bahn oder auf der Straße  zu erzählen oder zu zeigen. Entweder ganz auf private Informationen verzichten oder ganz genau abwägen, was mit wem geteilt wird! Adressen und Telefonnummern, egal ob es um die eigene oder fremde geht, dürfen nur in absoluten Ausnahmefällen und über gesicherte Kanäle verschickt werden. Vor allem Fotos und Videos immer gut durchdacht und keinesfalls vorschnell teilen! Außerdem bitte keine fremden Fotos ohne Einverständnis nutzen oder weiterleiten, keine gewaltverherrlichenden, pornographischen, unpassenden oder schlichtweg unnötigen Fotos machen und weiterschicken, aufs Urheberrecht achten! Hilfreich finde ich auch den Merksatz: Erst lesen, dann denken, dann posten.  Persönliches, Privates oder gar Intimes über andere öffentlich zu schreiben ist ein no-go! Allgemein gesagt, sollten wir immer wieder hinterfragen, mit wem wir eigentlich wie kommunizieren: Sind es gute Freunde oder Familie oder eher beiläufig Bekannte, denen man ja auch sonst nichts allzu Privates mitteilen würde.

In diesem Video verrät der YouTuber Felix vom Kanal Tomatolix, worauf zu achten ist:


3. Höflichkeit ist der Schlüssel

Menschen, die mir höflich und zuvorkommend – bestenfalls mit einem freundlichen Lächeln – begegnen, stehen in meiner Gunst vor denjenigen, die ungehobelt, kurz angebunden oder gar beleidigend daherkommen. Das geht Ihnen sicherlich nicht anders. Eigentlich sollte es logisch sein, doch an dieser Stelle möchte ich noch einmal explizit darauf hinweisen, wie wichtig Höflichkeit auch im Netz ist. Beleidigungen, Drohungen, Provokationen oder Gemeinheiten haben in Mails, Chats und Co. nichts zu suchen! Auch wenn das „Du“ in den sozialen Medien Usus ist: Es sollte immer eine gewisse Distanz im Hinterkopf bleiben, und manchmal ist ein „Sie“ angebracht! Und wenn jemand einmal nicht sofort antwortet: Nicht ungeduldig werden – es gibt durchaus Menschen, die nicht innerhalb weniger Minuten auf eine Nachricht antworten. Hinzu kommt, dass Meinungsverschiedenheiten und Streitereien nicht online ausgetragen werden sollten. Immer höflich und sachlich bleiben – egal, was da auf einen niederprasseln mag. Das setzt ab und an voraus, erst einmal tief durchzuatmen, denn vorschnelles Reagieren und Tippen geht meistens nach hinten los. Ach, und „Bitte“ und „Danke“ finde ich übrigens auch online ungemein wichtig. Warum bringen wir diese so wichtigen Tugenden und Umgangsformen unseren Kindern von klein auf bei, doch im Netz achtet niemand darauf? Die digitale Realität ist genauso existent wie die Analoge und die Regeln des Miteinanders verändern sich nicht solange wir es noch mit Menschen zu tun haben. 


4. Auf Sprache, Wortwahl und Rechtschreibung achten

Rechtschreibung, Sprache und Stil kommen mir in so mancher Online-Unterhaltung viel zu kurz. Es ist immer wieder erstaunlich, wie z.B. in Nachrichten aus reiner Bequemlichkeit einfach alles klein geschrieben wird. Außerdem sollten Nachrichten immer noch einmal durchgelesen werden, bevor der Senden-Knopf gedrückt wird. Auch stilistisch sollte alles stimmig sein. Chats ohne Punkt und Komma können schnell verwirren oder gar schwerwiegende Konsequenzen haben. Ein gutes Beispiel: Es macht einen großen Unterschied, ob da steht: „Er will sie nicht.“ oder „Er will, sie nicht.“ Nachrichten müssen immer lesbar und gut verständlich sein. Auch wenn in unserer heutigen Zeit, Eile und Zeitdruck an der Tagesordnung sind, sollten wir alle es nicht versäumen, unser Getipptes noch einmal zu kontrollieren – und diesen Grundsatz auch an unsere Kinder weiterzugeben. Texte sollten in diesem Zusammenhang besser kurz und prägnant als langatmig, schwer verständlich und fehlerhaft sein. Ehe ich es vergesse: Auch korrektes Zitieren muss sein. Ständiges Großschreiben gilt es zu vermeiden – es sorgt keinesfalls dafür, einem Thema mehr Gewicht zu geben, sondern kann auf Dauer sogar irritieren.


5. Selbstbewusst und mutig sagen, wenn etwas nicht passt

Last but not least müssen auch Themen wie gesunder Menschenverstand, ein genaues Abwägen von Folgen und Konsequenzen sowie Zivilcourage zur Sprache kommen. So ist es etwa wichtig,  Kettenbriefe oder Spam weder mitzumachen oder weiterzuleiten. Auch Verunglimpfungen, gemeine Videos und Co. gehören in die virtuelle Tonne und nicht in ein weiteres Mail-Fach. Wenn hier etwas anstößig erscheint, auch ruhig einmal den Mund aufmachen und mitteilen: „Das finde ich nicht in Ordnung, dass Du dieses Video gemacht oder weitergeleitet hast.“ Es steht außer Frage, dass sexistische, rassistische, antisemitische oder herabwürdigende Botschaften oder Kommentare unter allen Umständen zu vermeiden und zu melden sind. Hinschauen lautet die Devise – im realen wie im digitalen Alltag!