20.8.2021

Keep calm and game on!

In zehn Schritten und noch ein paar mehr Tipps zu mehr Gelassenheit mit zockenden Kids und Teens

Computer und Konsolenspiele: Die einen tun sie als harmlos ab, die anderen sehen in ihnen den Untergang des Abendlandes. Was also nun: Segen oder Fluch?

Gerade in den Sommerferien wird in vielen Familien wahrscheinlich häufiger zur Switch oder Playstation gegriffen, oder? Wie bei vielen anderen Digital-Themen,zu denen die einen diese, andere aber eine ganz andere Meinung haben, liegt die Antwort wohl irgendwo in der Mitte. Ich bin nicht der Meinung, dass es etwas bringt, Konsolen, Handy-Games oder Multi-Player-Spiele von vornherein zu verbieten. Wenn man das tut, suchen sich unsere Kids hinter unserem Rücken meist den nächsten Freund, der „zocken“ darf.  

 

Es ist aber zweifellos auch nicht richtig, zu allem, was die lieben Kleinen auf ihre Wunschzettel schreiben, Ja und Amen zu sagen.

Alle Generationen haben Spaß am Spielen.

Eines vorweg: Das Phänomen Gaming betrifft keineswegs nur Kinder und Jugendliche – auch wenn sie vielleicht am dringendsten Anleitung und Schutz benötigen… Wer einen Blick in die Statistik wirft, dürfte verblüfft feststellen: Ein Drittel der Gamer in Deutschland ist über 50! Nur rund sieben Prozent der Computerspieler sind 6 bis 9 Jahre alt und auf die 10- bis 19-Jährigen entfallen lediglich 16 Prozent.

Eine weitere spannende Erkenntnis: Entgegen aller Klischees sind Gamer nicht per se bewegungsfaul, antriebslos oder sozial scheu. Eine aktuelle Studie hat herausgefunden, dass Spieler von Computer-, Video- und Mobile-Games sogar mehr Interesse an Sportwettbewerben haben als die Gesamtbevölkerung und auch sportlich aktiver sind. 

Außerdem finde ich es grundsätzlich wichtig, auch die Vorteile des Gamings zu benennen. Wissenschaftliche Studien haben nämlich durchaus belegt, dass auch Computerspiele einen positiven Einfluss auf die Spielenden haben können.

Allen Unkenrufen zum Trotz: Computerspiele können nützlich sein und Spaß machen.

 

Kaum zu glauben, aber wahr, Games und Spiele sorgen demnach für:

 

·       optimierte Koordination und Multitasking-Fähigkeiten. Während des Spielens müssen visuelle, akustische und körperliche Bewegungen koordiniert werden.

·       verbesserte Konzentration und erhöhte Problemlösungsfähigkeiten. Gute Videospiele können die Aufmerksamkeit des Spielers lange aufrechterhalten und seine volle Konzentration für das Erreichen bestimmter Spielziele nutzen. Die kreativen und kognitiven Fähigkeiten der Spieler werden getestet, während sie versuchen, verschiedene Wege zur Lösung der dargelegten Probleme zu finden, um zum nächsten Level zu gelangen.

·       ein Plus an Denkgeschwindigkeit und Gedächtnis. Das Spielen von Konsolen-Games und mehr hilft,das visuelle und akustische Gedächtnis zu verbessern. Der Spieler muss die Anweisungen lesen oder anhören, die möglicherweise nur zu Beginn des Spiels bereit gestellt werden, und muss sich daher während des gesamten Spiels daran erinnern. Die Beherrschung der Tasten ihrer Tastatur ist auch ein Beweis für das Bewegungsgedächtnis. Personen, die häufig Videospiele spielen, können dieseReize schneller verarbeiten als andere.

·       wertvolle weitere Lern- und Lehroptionen. In den vergangenen Jahren haben einige moderne Bildungseinrichtungen weltweit Videospiele in ihre Lehrmethoden integriert. Die meisten dieser Spiele verbessern die kognitiven und kreativen Fähigkeiten sowie das Lernen an sich durch ein unterhaltsames und lustiges Format.

·       bessere Teamfähigkeit. Co-Player- sowie Multiplayer-Online-Spiele ermöglichen es den Spielern, zusammenzuarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Mit einem gemeinsamen Ziel ermutigt das Spiel die Spieler, durch gute Kommunikationsfähigkeiten ein starkes Team zu bilden. Dies führt oft dazu, dass Spieler über den Bildschirm hinaus bedeutungsvolle Beziehungen zueinander entwickeln.

Support dringend erforderlich!

Soweit zu den Vorteilen des Gamings und einigen Stereotypen. Nichtsdestotrotz sollten Kinder und Jugendliche nicht stundenlang und vollkommen unbetreut vor dem Bildschirm oder Handy sitzen, und hier müssen Eltern und Erziehungsberechtigte ihren Teil dazu beitragen, das Spiele richtig und verantwortungsbewusst gespielt werden.

Der richtige und bewusste Umgang ist der Schlüssel zum Erfolg.

 

Gefahren des Gamings

 

Ja, einige Spiele können Kindern und Jugendlichen ein Gefühl von Zusammengehörigkeit geben – in Zeiten des Lockdowns sogar die Gelegenheit, mit anderen zu agieren. Es kann aber auch ins Gegenteil umschlagen, wenn soziale Aspekte etwa vollkommen ausgeblendet werden:

·      Gaming kann zur Sucht werden, die eine nicht sehr häufige, jedoch sehr ernst zu nehmende Erkrankung ist. Die WHO hat Online-und Spielsucht  sogar in den Katalog der psychischen Krankheiten aufgenommen. Hier gibt es weitere Informationen zu einigen typischen Symptomen von Menschen mit einer derartigen Sucht.

·      Kinder können über die Kommunikationsplattformen der Spiele auch Opfer von Mobbing oder Cybergrooming werden, wenn sich ein scheinbar netter Mitspieler etwa als 12-jähriger Basketball Fan ausgibt, in Wirklichkeit aber schon 52 ist und finstere Absichten verfolgt.

·      Körperliche Beschwerden wie Migräne,Rückenschmerzen, Augenprobleme und ein grundsätzlich ungesunder Lebensstil kann sich einstellen, wenn es im Leben des Gamers nichts anderes mehr gibt als Tagein, Tag aus im Gaming-Stuhl zu verbringen.

·      Aggressives Verhalten und psychische Probleme

Einige Untersuchungen haben gezeigt, dass gewalttätige Videospiele mit einem verstärkten aggressiven Verhalten der Spieler verbunden sind. Kinder haben ein höheres Risiko, betroffen zu sein, wenn sie von kleinauf gewalttätigen Spielen ausgesetzt sind. Dies könnte zu einem impulsiveren und aggressiveren Verhalten führen.

Nur nicht aus der Fassung bringen lassen :-)!

 

 

Was lässt sich also unternehmen?

Ich habe ein paar Ideen zusammengestellt, die einen guten Umgang mit Online-, Handy- und Konsolenspielen fördern können:

 

1.   Beim Kauf eines Spiels sollte auf jeden Fall die Alterseinstufung überprüft und die Inhaltsbeschreibung auf der Rückseite gelesen werden. Hier finden sich gute Tipps zu diesem Thema.

2.   Es lohnt sich, in Videospiel-Konsolen und Handys zu investieren, die über eine Kindersicherung verfügen. So lassen sich die Spielinhalte, auf die Kinder zugreifen können, einschränken. Durch die Kindersicherung wird sichergestellt, dass die Kinder nur Spiele spielen, die für sie geeignet sind, und auch Zeiten lassen sich im Vorfeld festlegen.

3.   Es ist gut, die Tageszeiten zu bestimmen und die Spieldauer einzuschränken, zu denen Videospiele gespielt werden dürfen. So kann es nach der Schule vielleicht gut sein, um sich vom stressigen Schultag zu erholen, vor dem Zubettgehen aber den Schlaf behindern. Manchmal hilft ein Timer, damit jüngere Kinder und Teens wissen, wann ihre Zeit abgelaufen ist.

4.   Hausaufgaben und andere Aufgaben müssen erledigt sein, bevor eine weitere Runde gezockt werden darf.  

5.   Außerdem sollten Eltern und Co. die Spiele, die ihre Kinder spielen, kennen und selbst schon einmal ausprobiert haben. Es hilft auch, Bewertungen zu lesen und sich Spieletrailer und Demos anzusehen. (Manch ein Spiel finde auch ich äußerst unterhaltsam :-).

6.   Die Spiele sollten dem Charakter und Wesen des spielenden Kindes entsprechen, die ganzheitliche Entwicklung des Kindes fördern. Hier findet sich eine Liste für gut befundener Spiele.

7.   Ratsam ist es, sich Zeit zu nehmen und gemeinsam mit den Kindern zu spielen. So zeigen wir, dass wir Spiele nicht per se ablehnen, wenn sie richtig gespielt werden. Außerdem gewinnen wir Vertrauen, wenn wir offen sind und Ängste und Freude teilen.

8.   Erhöhte Achtsamkeit ist bei Online-Spielen geboten, da diese oft Funktionen wie Chats und den Austausch von Ideen und Informationen ermöglichen. Vor allem junge Kinder müssen über die Gefahren, die von derartigen Tools ausgehen können, aufgeklärt werden, und Security-Tools setzen Grenzen.

9.   Erkundigungen über herunterladbare Mods, die den Inhalt von Spielen verändern, und ein Blocken von In-App-Käufe müssen sein. Erweiterungen können die Angemessenheit des Spiels für junge Spieler verändern und viel kosten, daher müssen Eltern wachsam sein.

10. Eine ganz wichtige Regel zum Schluss: Bitte Switch und Co. nicht als Strafe wegnehmen! Nur weil wir wissen, dass Kinder gerne zocken, sollte das nicht gegen sie verwendet werden.Schließlich geht es vorrangig um Erziehung und nicht um Bestrafung, oder?

 

Richtig gut und übersichtlich finde ich diesen Flyer der EU-Initiative KlickSafe. Hier findet Ihr noch ein paar weitere wichtige Tipps für den Umgang mit Spielen im Familienalltag.

 

Wie Ihr seht: Schlussendlich können Videospiele sowohl eine gute als auch eine schlechte Sache sein, ganz abhängig von den eigenen Spielgewohnheiten. Wie bei so vielem ist das richtige Maß der Schlüssel zum Erfolg! Lasst nicht zu, dass Spiele menschliche Interaktionen ersetzen oder Kinder den Überblick über die Realität verlieren. Behaltet die Stimmung der Spielenden im Auge, den Grund weshalb sie spielen und wie es sich auf sie auswirken kann.  Profitiert von den Vorteilen des Spielens, indem Ihr sicherstellt, dass Ihr oder Eure Kinder diejenigen sind, die den Controller halten, anstatt sich vom Spiel kontrollieren zu lassen!

 

An dieser Stelle wünsche ich eine Portion Gelassenheit für die noch verbleibenden Ferientage, den Start ins neue Schuljahr und vielleicht ein bisschen Zeit für eine Brawl Stars-Battle mit den Kids?

 

Viele Grüße und bis bald, Eure S