27.1.2023

SCHLUSS MIT LUSTIG: RETTEN WIR UNSER SCHULSYSTEM!

 Neues Jahr, altbekannte Sorgen. Vor ein paar Tagen ist das aktuelle Deutsche Schulbarometer veröffentlicht worden, und es enthält – so ein Mist! – kaum Überraschendes: DieBefragung unter Schulleitungen hat herausgefunden, dass deutscheBildungseinrichtungen derzeit vor allem drei Hürden zu meistern haben: Es fehlt an guten und engagierten Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schüler haben mit teils immensen Lernrückständen zu kämpfen und hinzukommen auch noch schwindende Aufnahmekapazitäten. Man möchte nach Deutschland flüchtenden Ukrainerinnen und Ukrainern beinahe zurufen: „Tut Euch das deutsche Schulsystem nicht an!“ Aber wer vor Bomben und Panzern flieht, für den stehen Sicherheit und Frieden verständlicherweise an erster Stelle.

 

Trotzdem: Warum ertragen wir eigentlich eine Bildungs-Hiobsbotschaft nach der anderen? Warum ignorieren wir es, wenn eine Negativstudie die nächste jagt.

 

„Ohje,ohje, die Schule brennt!“

 

Als die Ergebnisse des Schulbarometers bekannt wurden, war der Aufschrei groß – aber eben auch irrsinnig kurz. Das kann ich einerseits verstehen: Wir leben in schwierigen und nachrichtenreichen Zeiten. Ja, es gibt sehr viele Herausforderungen zu meistern und sie alle verdienen Aufmerksamkeit. Aber warum nur wird unser aller Zukunft– die Zukunft und Bildung unserer jungen Generation – nicht endlich ernster genommen? Es brennt an deutschen Schulen, und zwar keinesfalls wie im Lied von1983 „Hurra, Hurra!“, sondern „Ohje, ohje!“

 

„78 Prozent der Schüler erhalten keine ausreichende Unterstützung“

 

Lasst mich zur Untermauerung meines Schocks, meiner Besorgnis und meines Unverständnisses ob so vieler eklatanter Versäumnisse ein paar Zahlen aus dem Schulbarometer anführen:

 

78 Prozent der Schulleitungen erklären in dieserErhebung, dass sie den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern keine angemessene Unterstützung bieten könnten. Und das ist nicht alles: Mehr als jeder dritte Schüler hat außerdem mit enormen Lernrückständen zu kämpfen. AnSchulen in sozial schwächeren Regionen soll dieser Rückstand sogar bei zweiDritteln liefern. Was ist denn aus den groß angekündigten Corona- Aufholprogrammen geworden? Schall und Rauch – das war wohl nichts…

Steht auf! Werdet laut und handelt!

Egal ob bei Digitalpakt oder Beschleunigungsprogramm Ganztagsbetreuung: Es werden zwar Mittel zur Verfügung gestellt, doch bleiben diese aufgrund schier unbezwingbarer Bürokratiehürden, enormen Zeitmangels und fehlenden Personals liegen. In deutschen Ministerien zählt ein Kind scheinbar weniger als das nächste Großbauprojekt. Läppische 4,2 Prozent unseresBruttoinlandsproduktes geben wir für Bildung aus, unser Nachbar Dänemarkspendiert dem Bildungssystem dagegen 6,4 Prozent. Ich appelliere daher an diePolitik, aber generell an alle: Steht auf! Werdet laut! Lasst uns endlich,

endlich aktiv werden und das Schulsystem an die modernen Entwicklungen anpassen, damit wir nicht den Anschluss verlieren! Und wisst Ihr was? Das ist schaff- und machbar, denn Technologien, Lösungen und Apps liegen alle bereit, wir müssen sie nur anwenden.

Ich besuche regelmäßig deutsche Schulen, und was ich dort erlebe, erschreckt mich immer wieder aufs Neue. Nicht nur, dass die Schulen fast so aussehen wie zu meiner Zeit. Aber es mangelt auch an allen Ecken an neuen innovativen Tools, die die Entdeckerfreude unserer Schüler wecken. Und an Pädagogen und Pädagoginnen, die wissen, wie’s geht.

Worauf es jetzt ankommt:

1.    Digitale Ausstattung: Gerade mal die Hälfte der Schulen in Deutschland ist digital ausreichend ausgestattet. Zum Vergleich:In Estland sind es 99 Prozent. Unsere Schulen brauchen schnellstmöglich gutes WLAN und die Schüler entsprechende Endgeräte bekommen.

2.    Lehrerausbildung: Es braucht einbesseres und digital fundiertes Studium sowie Weiterbildungen.

3.    Lehrplan: Medienkompetenz gehört in den Unterricht – am besten in jedes Schulfach.

Im Folgenden habe ich acht konkrete Handlungspunkte skizziert: Das brauchen unsere Schulen jetzt!

1.    Lasst uns gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir dürfen nicht länger den Kopf in den Sand stecken, sondern müssen gemeinsame Lösungen erarbeiten. Das beinhaltet eine enge Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus.

2.    Lasst uns bundesweit einheitliche digitale Standards setzen! Digitale Ausstattung und dazugehörige Ausbildung müssen zentral geregelt werden. Beispiele sind WLAN und Tablets oder Laptops für Schüler und Pädagogen.

3.    Vergessen wir nicht das Thema Prüfungen undLeistungsnachweise: Wie wäre es mit Projekten, die die SchülerInnen eigenständig bearbeiten, die sie nach Rückmeldung aber auch verändern und verbessern können?

4.    Setzen wir auf engere Kooperationen zwischenSchule und Wirtschaft – von Praktika bis zu Gerätepatenschaften ist vieles möglich.

5.    Entwickeln wir Medienkonzeptblaupausen, die jeder Schule unter die Arme greifen.

6.    Bringen wir die Lehreraus- und- weiterbildung auf Vordermann, denn unsere Lehrer müssen darin ausgebildet werden, digitale Inhalte pädagogisch sinnvoll in den Unterricht einzubinden. Es braucht Konzepte im Studium, die den Studenten praxisnah zeigen, wie sie dieTechnik im Unterricht einsetzen können. Für ältere Lehrer muss es verpflichtende Fortbildungen geben.

7.    Schaffen wir neue Lernpläne. VorbildNiederlande: Technologie wird dort künftig eines der Kernthemen, das in jedem Fach behandelt wird. Digitale Fähigkeiten sind Kernkompetenzen, die jeder Lehrer vermitteln soll. Bei Aufgaben müssen Schüler auch oft digitale Lösungen für analoge Probleme finden.

8.    Jede Schule braucht einen Digitalisierungsbeauftragten. Schulen und Schulbehörden müssen attraktivere Arbeitgeber werden, vernünftige Löhne zahlen und flexibler mit Abschlüssen und Zertifikaten umgehen.

Mein aller größter Wunsch: Nicht nur lamentieren, sondern handeln! Wer von Euch macht mit, damit wir etwas bewirken?

 

Eure S

 

 

Jeder Einzelne kann etwas tun!